Dim im Interview: „Es ist mir eine lange Zeit schwer gefallen, zu akzeptieren, dass man älter wird. Ich wollte ewig jung bleiben.“

Jeder weiß, Freundschaften im Rap-Game entstehen nur selten. Dim ist da eine Seltenheit. Dim, das ist ein Rapper aus Frankfurt, dessen kontinuierlichen Output ich nun seit über vier Jahren verfolge. Und trotz Voreingenommenheit kann ich ruhigen Gewissens sagen: (Ältere) Rap-Fans, die aktuell auf der Suche nach „ihrer“ Kultur sind, bekommen all das bei Dim in Raps, Beats, Texten und Art.

Fast genau ein Jahr nach seinem „Best Of“ – am 07. Februar 2020 – kommt Dims neue EP „Grow“ (Jetzt HIER vorbestellen). Checkt hier mein Interview mit ihm.

Interview

Warum Dim, wie bist du zu dem Künstlernamen gekommen?

Ich bin ehrlich: Damals, ich war der englischen Sprache noch nicht wirklich mächtig, habe ich mein Super Mario Wörterbuch nach einem Begriff durchsucht, welcher zu mir passen könnte. Das Verb „to dim“, was auf Deutsch „abdunkeln“ oder „trüben“ bedeutet, fand ich genau richtig. Meine Texte waren nie wirklich von positiven Vibes geprägt, daher entschied ich mich für Dim.

Was hat dich dazu bewegt Rapper zu werden?

Zu Beginn war ich einfach nur Fan. Schnell habe ich gemerkt, dass ich selbst mindestens genauso viel zu sagen habe, wie bereits etablierte Rapper. Als ich auf meine ersten Versuche direkt eine positive Rückmeldung aus meinem Freundeskreis bekam und auch selbst merkte, dass mir Rap liegt, war alles klar und ich bin dran geblieben.

Kannst du dich noch erinnern, wer der erste deutschsprachige Rapper war, den du gehört hast?

Ich glaube, es waren die Beginner. Vielleicht auch Moses P. oder Tone. Ich bin mir nicht sicher.

Deine EP heißt „Grow“, warum?

Es ist mir eine lange Zeit schwer gefallen, zu akzeptieren, dass man älter wird. Ich wollte ewig jung bleiben. Heute bin ich an einem Punkt, an dem ich es schätze, Verantwortung zu übernehmen, auf eigenen Beinen zu stehen und an Herausforderungen zu wachsen. Die EP „Grow“ sollte eigentlich eine gewisse Reife zeigen, vor allem im Vergleich zu meinen früheren Projekten. Ob das am Ende dann wirklich geklappt hat, wage ich aber zu bezweifeln. Vielmehr spiegeln die neuen Songs einen Mix zwischen „Ich will Kind bleiben“ und „Ich bin jetzt endlich erwachsen“ wider.

Siehst du entwicklungstechnisch einen roten Faden in deinen drei, bald vier, Releases?

Nicht wirklich. Vielmehr steht jedes Release für sich selbst und für die jeweilige Zeit in meinem Leben.

Das Cover sieht ja im Gegensatz zu deinen vorherigen fast schon harmlos aus…

Kommt drauf an, aus welchem Blickwinkel man es betrachtet. Da mein Standard-Logo schon lange Peter Pan zeigt, sollte das Cover mit eben dieser Figur und dem Titel „Grow“ einen Widerspruch zeigen. Peter Pan will schließlich nicht erwachsen werden, wird aber auf dem Cover eins mit dem Begriff „Grow“. Die Waffe soll meinen nie abhanden gekommenen Hunger symbolisieren und die Kompromisslosigkeit darstellen, mit der ich mein Ding durchziehe. Zudem liebe ich den Style von Mannschaftslogos, zum Beispiel in der NBA. Daher auch die Aufmachung.

Die erste Videosingle heißt „Flagge“. Ist die Haltung bzw. deine gesamte Haltung eher selbst die Flagge hochhalten oder andere zum Flagge hissen zu bringen?

Es geht eher um meine Haltung. In der heutigen Zeit muss ich einfach die Flagge für meine Art, Rap zu machen, hochhalten.

Aussagen wie „Fuck Rap like that, you can have it back…“ sind ja schon Ansagen…

Damit ist natürlich der Rap, so wie er sich im Mainstream entwickelt hat, gemeint. Für mich ist die derzeit angesagte Rap Musik schon fast wie ein anderes Genre. Ich sehe kaum Gemeinsamkeiten mehr und habe nicht das Bedürfnis, ein Teil davon zu sein. Daher diese Zeile..

Du bist ja seit über 10 Jahren aktiv. Wie sehr kannst du dich mit der aktuellen Entwicklung anfreunden? Gerade als jemand der wahrscheinlich durch die harte Straßenrap-Sozialisierung aus Frankfurt gegangen ist. Deutschrap ist erfolgreicher denn je, aber natürlich gibt es dadurch auch vermehrt Künstler, die sich jedem Trend – der aktuell wohl seichter, freundlicher, harmloser denn je ist – anpassen ohne Wenn und Aber.

Ich habe oft nicht das Gefühl, mich im selben Genre zu bewegen. Ich bin aber auch nicht der typische Hater. Klar ist es momentan extrem, aber es ist mir schon immer schwer gefallen, mich mit der Szene zu identifizieren. Als Straßenrapper aus Frankfurt ist der derzeitige Hype natürlich noch schwerer zu fühlen, aber fuck it. Ich mache mein Ding, also sollen die Anderen auch ihr Ding machen. Vom derzeitigen Erfolg von Deutschrap profitieren Künstler wie ich allerdings null, das es einfach eine komplett andere Musikrichtung zu sein scheint.

Wieviel Durchhaltevermögen musst du selbst aufbringen bzw. schon aufbringen müssen, wenn man über zehn Jahre auf dem Buckel hat und man weiß, dass der eigene Sound gerade nicht gefragt ist?

Ich brauche kein Durchhaltevermögen. Ich habe das Glück, aufgrund meiner beruflichen Laufbahn, nicht finanziell abhängig von Rap zu sein und somit muss ich mich nach keinen Trends richten, nur damit ich kommerziellen Erfolg habe. Ich habe einfach Bock auf Rap. Von „durchhalten“ kann nicht die Rede sein. Ich bin Niemandem etwas schuldig und fahre meinen Film solange ich will und es mich happy und zufrieden macht.

Wie wird die EP diesbezüglich klingen? Gibt es Themen oder Sounds für die 2020er Spotify-Hörerschaft?

Mit den neuen Elementen ist jetzt nicht unbedingt ein im Trend liegender Sound oder so etwas gemeint. Vielmehr arbeite ich derzeit zum Beispiel gerne mit englischsprachigen Künstlern zusammen. So ist auch die Hook bei „Flagge“ entstanden. Das wäre jetzt so ein neues Element, sozusagen.

Thematisch denke ich, dass es genug Menschen geben wird, die sich mit den Songs identifizieren können. Ich achte immer darauf, dass meine Musik zeitlos ist, daher ist aus meiner Sicht für jeden etwas dabei.

Mit wem hast du alles dafür zusammengearbeitet und wie verlief die Arbeit rundum die EP?

Wie immer ist mein Brudi Heada in das Projekt involviert. „Flagge“ ist übrigens sein erstes Musikvideo und ich freue mich, dass das Ding so gut ankommt.

Ansonsten habe ich drei verschiedene Produzenten im Boot, mit denen ich schon länger im Kontakt stehe: Karisma Beatz, Krypta Beatz und Bill Yard. Da funktioniert die Kommunikation auch sehr gut.

Videotechnisch arbeite ich weiterhin mit Burnart zusammen. Neu im Boot ist Executive, der meine Tracks mixt und mastert.

Da wir alle einen ähnlichen Film fahren, macht die Zusammenarbeit richtig Bock. Klar, manchmal ist es anstrengend, denn Musik machen bedeutet auch Arbeit. Aber wir lieben die Mucke und machen das am Ende des Tages gerne und aus freien Stücken.

Unter all deinen Songs, hast du einen Favoriten?

Puh, das gibt es viele. Fast jeder Song liegt mir am Herzen, so komisch das klingen mag. „Flagge“ ist mein momentaner Favorit, weil viel Arbeit im Song und im Video steckt. Von den älteren Songs fallen mir spontan „Kampf Gegen Den Teufel“ und „Drive“ ein. In beiden Songs kommen Aussagen von mir vor, hinter denen ich wohl ein Leben lang stehen werde.

Gibt es noch etwas Wissenswertes, Interessantes oder Anekdote zu „Grow“?

Da fällt mir spontan unser Videodreh zu „Flagge“ ein. Wenn Heada, Burnart und ich unterwegs sind, passieren immer absurde und witzige Dinge. Das Video haben wir dieses Mal in Holland gedreht. Als wir uns dort in einem Nationalpark den Büffeln näherten und Burnart uns mit der Drohne dabei filmte, kam plötzlich ein Ranger vorbei, der mich und Heada aufforderte, die Kamera sofort wegzupacken. Wir haben uns richtig dumm gestellt und behauptet, die vor uns schwebende Drohne sei nicht von uns. Der Ranger kam damit null klar, konnte uns aber keinen Stress mehr machen, weil Burnart die Drohne von enorm weit weg lenkte und somit selbst gar nicht zu sehen war. Der Ranger hat dann abgefuckt die Fliege gemacht.

Du bist ja bekennender Battlerap-Fan, allen voran wohl Dizaster, KOTD usw. Gregpipe ist auch einer von deinen Jugendfreunden. Zwei Fragen dazu: Wieso hast du es selbst nie probiert? Deine Knowledge und das richtige Umfeld stimmen ja…

Gute Frage. Ich denke, was Battlerap angeht, bin ich einfach nur Fan. Bei der Musik fällt es mir immer schwer, einfach zu genießen. Ständig überlege ich, was ich persönlich besser machen würde etc. Bei Battlerap kann ich Fan sein und feiern, ohne mich dauernd automatisch zu vergleichen. Das tut gut und macht Bock. Klar, ich habe auch bereits überlegt, selbst in den Ring zu steigen. Aber wenn, dann nicht in naher Zukunft.

Was sagst du zu Dizasters letztem Battle gegen Jolly Jay? Vorbereitung hin oder her, verhält man sich so, wenn man seinen Text vergisst?

Vorweg, ich bin noch immer abgefuckt, dass ich nicht persönlich zum Battle kommen konnte. Ich hatte es fest mit Diz vereinbart, allerdings ist Einiges dazwischen gekommen und daher habe ich es leider nicht geschafft.

Ich will nicht urteilen, vor allem weil ich nur die geschnittene Version auf YouTube kenne. Das mit dem Handy rausholen ist natürlich so eine Sache. Diz weiß selbst, dass das eigentlich gar nicht klar geht. Das sagt er, glaube ich, im Battle auch noch in seiner dritten Runde. Dass er am Schluss noch einfach weiter durchzieht, ist halt typisch für Diz. Er gibt halt dann einfach einen Fick und dafür feier‘ ich ihn halt auch. Jolly Jay hat auch gut abgeliefert. Das Battle hätte insgesamt vielleicht noch besser laufen können, aber ich wurde unterhalten und das ist das Wichtigste.

Letzte Worte?

Ich hoffe, dass euch meine neuen Songs gefallen werden! „Grow“ kommt am 07.02.20! Danke für das Interview!

Video: Dim feat. Heada – „Flagge“

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Video: Dim – „Grow“ (Teaser)

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